2.1. Die Kalorienzähler
Wie funktioniert das mit den Kalorien?
Die Rechnung ist einfach:
x Kalorien werden zugeführt,
y Kalorien verbraucht,
dann sind x minus y gleich z Kalorien zu viel – und die machen dick!
Eine Vorstellung, die prima zu jeder Maschine passt. Dumm, dass es unseren Ingenieuren nicht mal gelingt, den Verbrauch eines Autos exakt vorherzusagen, außer auf einem vordefinierten Prüfstand. Aber beim Menschen, glaubt man, gelinge das sicher.Und in einem Punkt widerspricht die Wissenschaft sich selbst: dem Jojo-Effekt. Damit ist gemeint, dass nach jeder Diät der Körper auf Sparflamme arbeitet. Dadurch nimmt man sehr schnell wieder zu, wenn man anschließend wieder so isst, wie man das vor der Diät getan hat. Hier gibt es also plötzlich eine Änderung des Kalorienverbrauchs. Ganz so festgelegt, wie man es uns weismachen will, scheint dieser also doch nicht zu sein.
Wissen Sie, wie die Kalorien von Nahrungsmitteln berechnet werden? Kalorien/Kilokalorien (oder auch Joule) geben den Brennwert, also den Energiegehalt an. Zur Bestimmung verwendet man heute die Bombenkalorimetrie. Dazu wird das entsprechende Produkt in einer speziellen Vorrichtung verbrannt und die abgegebene Energie gemessen. Dasselbe macht man mit den Ausscheidungen, die nach der Verdauung übrig bleiben. Die Differenz ist das, was in den Kalorientabellen steht. Man tut also so, als ob jeder Apfel wie der andere sei und die Menschen wie ein Verbrennungsofen funktionierten und exakt gleich verdauten. Dass diese Methode nicht aufgeht, musste die Wissenschaft bereits selbst einsehen. Und es gibt noch andere Irrtümer: Ballaststoffe galten vor einigen Jahren noch als unverdaulich und damit kalorienlos. Mittlerweile weiß man, dass es im Darm Bakterien gibt, die dem Menschen helfen, auch daraus Energie zu gewinnen.
Kalorientabellen sind also höchstens als ungefähre Angaben zu verstehen. In einigen Punkten, glaube ich, sind sie total falsch. Der Erste, der die Welt der Kalorienzähler auf den Kopf stellte, war Dr. Atkins mit seiner Diät. Nach dieser darf man Essen, so viel man will, allerdings nur Fleisch. Es funktioniert. Allerdings ist langfristig diese Art der Ernährung nicht sehr gesund. Und mir persönlich fiele es auch schwer, auf solch nette Annehmlichkeiten wie Schokolade zu verzichten.
Aber es ist schon interessant, wie sich die Experten bis heute gegen die Atkins-Diät wehren. Anfangs wurde sogar die Physik bemüht, denn einer der elementarsten Grundsätze besagt, Energie geht nicht verloren, sie kann nur umgewandelt werden. Wenn jemand also viel isst und trotzdem nicht zunimmt, verstößt das gegen dieses Gesetz. Toll – und jetzt? Weil man es nicht erklären kann, darf es nicht sein?
Fairerweise muss ich sagen, dass man heute davon ausgeht, dass die Gewichtsabnahme wohl daran liegt, dass die Personen einfach weniger essen und dadurch eben weniger Kalorien zu sich nehmen. Auf diese Weise haben sich die Kalorienzähler mit Atkins versöhnt, was aber viele Jahre dauerte.
Neuere Forschungen auf einem ganz anderen Gebiet zeigen nun, dass der Stoffwechsel, und damit auch der Kalorienverbrauch, bei Säugetieren höchst anpassbar ist. Generell ist allen Säugetieren gemein, dass sie eine konstante Körpertemperatur besitzen. Eine Ausnahme bildet der Winterschlaf, den einige Tierarten halten. Forscher vom Institut für Wildtierkunde und Ökologie in Wien haben jetzt festgestellt, dass es keine klare Trennung geben darf zwischen Winterschlaf und kein Winterschlaf. Sie haben bei Hirschen, die ja bekanntlich keinen Winterschlaf halten, bewiesen, dass diese in der Lage sind, ihre Körperfunktionen extrem zu drosseln und die Körpertemperatur um 20 °C abzusenken, um im Winter mit weniger Nahrung auszukommen. Die Tiere können diesen Trick nach Bedarf stundenweise anwenden. Nachdem auch bei Meeressäugetieren bekannt wurde, dass diese ihren Stoffwechsel beim Tauchen herabsetzen können, um weniger Sauerstoff zu verbrauchen und dadurch länger unter Wasser bleiben zu können, gehen die Forscher davon aus, dass der Stoffwechsel und damit auch der Kalorienverbrauch bei allen Säugetieren nicht so feststeht, wie bisher immer geglaubt. Auch der Mensch ist ein Säugetier.
Übrigens:
Die Kalorienzählerei hat auch noch einen sozialen Nebeneffekt. Glaubt man an die reine Zahlenarithmetik, so bedeutet das auch, dass jeder selbst schuld ist, wenn er Übergewicht hat. Schließlich ist ja jeder Mensch und jedes Lebensmittel gleich. Damit kann jeder für sich selbst entscheiden, ob er sich entweder mehr bewegt oder weniger isst. Also hat man die Wahl zwischen Hunger, Sport oder Übergewicht. Dadurch wird Schlankheit zu einer Art Statussymbol – „Ich bin schlank, also habe ich meinen Körper im Griff.“ Dazu passt auch die Erkenntnis, dass Übergewicht mit dem Einkommen korrespondiert. Je niedriger das Haushaltseinkommen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, an Übergewicht zu leiden.
Die Kalorienzählerei hat auch noch einen sozialen Nebeneffekt. Glaubt man an die reine Zahlenarithmetik, so bedeutet das auch, dass jeder selbst schuld ist, wenn er Übergewicht hat. Schließlich ist ja jeder Mensch und jedes Lebensmittel gleich. Damit kann jeder für sich selbst entscheiden, ob er sich entweder mehr bewegt oder weniger isst. Also hat man die Wahl zwischen Hunger, Sport oder Übergewicht. Dadurch wird Schlankheit zu einer Art Statussymbol – „Ich bin schlank, also habe ich meinen Körper im Griff.“ Dazu passt auch die Erkenntnis, dass Übergewicht mit dem Einkommen korrespondiert. Je niedriger das Haushaltseinkommen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, an Übergewicht zu leiden.
Dieser Text ist aus der ersten Auflage des Buches "Leben ohne Diät" aus dem Jahr 2005.
Die 2. Auflage wurde grundlegend überarbeitet und enthält 30% mehr.
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